07. DER DEUTSCHE KRIEG IN ITALIEN

Urheberrechte: Sharon Mollerus, CC BY 2.0

Hier gibt es nichts zu sehen, nur einen Strand… Wo sind wir hier?

In der Nähe von Rimini an der Adria, bei den Deutschen Touristen berühmt – oder nicht?

Rimini, klar, das kenne ich! Meine Großeltern waren in den 60er Jahren oft hier im Urlaub!

Ja eben, die Gegend wird ja auch ironisch als „Teutonengrill“ bezeichnet. Was jedoch viele nicht wissen, ist, dass gleich nach der Teilkapitulation der deutschen Truppen in Italien im Mai 1945 viele deutsche Ex-Soldaten hier in Gewahrsam genommen wurden.

Als Kriegsgefangene?

Nicht direkt, die Gruppe war sehr heterogen zusammengesetzt und nicht alle genossen internationalen Schutz. Die von den Engländern festgehaltenen Personen wurden hier, zwischen Rimini und Cervia, in der sogenannten SEP-Enklave Rimini interniert.

Schwer vorstellbar, dass so viele Personen hier untergebracht waren …

Du musst dir eine ausgedehnte Zeltstadt denken, die 150.000 Internierte beherbergen konnte. Ab August 1945 wurden viele Internierte je nach Bedarf an andere Orte verlegt, in Arbeitseinheiten.

Davon ist nichts geblieben, was man noch sehen könnte?

Im August 1945 hat man zunächst die politisch weniger Belasteten entlassen. Die gesamte Enklave wurde dann im April 1947 aufgelöst: Heute gibt es davon keine Spur mehr.

Urheberrechte: Biblioteca civica Gambalunga di Rimini, Archivio fotografico.

GESCHICHTE

Die deutsche Militärpräsenz in Italien beginnt im Januar 1941 mit der Unterstützung der Wehrmacht für den von Italien in Nordafrika und im Mittelmeerraum geführten Krieg. Zu den ersten direkten Kampfhandlungen mit den Alliierten kommt es nach deren Landung auf Sizilien im Juli 1943.

Erst nach dem Waffenstillstand von September 1943 und der darauffolgenden deutschen Besatzung aber erreicht der Krieg eine neue Intensität: Wehrmacht und SS kämpfen gegen die Alliierten, die von Süden her- vordringen, zugleich aber auch gegen die Resistenza der Partisanenverbände und gegen die Zivilbevölkerung, und zwar mit einer Brutalität, die teilweise den Charakter eines Vernichtungskrieges annimmt.

Es werden unter Nutzung der natürlichen Gegebenheiten des italienischen Territoriums Verteidigungsstrukturen aufgebaut, wie etwa im Falle der Gustav-Stellung und der Goten-Stellung. Hauptziele dieser Maßnahmen sind die Sicherung der wichtigsten industriellen Ballungsgebiete für Kriegszwecke und der Flughäfen, die aus Süddeutschland erreicht werden können.

Nach verlässlichen Daten haben in Italien etwa eine Million deutscher Soldaten gekämpft. Etwa 2.000 sind im Laufe der Kriegsjahre desertiert und einige Deserteure haben sich der Resistenza angeschlossen. Insgesamt gab es 110.000 Gefallene auf deutscher Seite, davon 3000 infolge von Partisanenangriffen; 107.000 deutsche Soldaten ruhen auf Soldatenfriedhöfen in Italien. Im Laufe des Krieges wurden zwischen 500.000 und 600.000 deutsche Soldaten gefangen genommen.

ERINNERUNG

Im kollektiven Gedächtnis hat sich die Aufmerksamkeit lange auf die Aktionen der deutschen, insbesondere der SS-Einheiten gegen die Partisanen und die Zivilbevölkerung konzentriert, während die militärische Auseinandersetzung mit den Alliierten in den Hintergrund rückte.

Es gibt zahlreiche deutsche Soldatenfriedhöfe in ganz Italien, vor allem dort, wo die wichtigsten Schlachten stattfanden. An diese wird oft auch in kleinen musealen Einheiten Ausstellungen vor Ort erinnert.

Hingegen sind wenige materielle Hinterlassenschaften geblieben: lediglich einige Bunker aus Verteidigungsstellungen wie der Goten-Stellung und der Gustav-Stellung. 

Die gleichzeitige Nutzung zahlreicher Gebäude durch die Kommandobehörden der Wehrmacht und die deutsche Verwaltung, ebenso wie die Schicksale der deutschen Militärangehörigen nach dem Krieg haben im öffentlichen Gedächtnis kaum Spuren hinterlassen.

Auch in Deutschland ist die Erinnerung an die deutsche Kriegsführung in Italien überlagert vom Gedenken an epochale Schlachten, wie die von Stalingrad. Infolge des Abschlussberichts der Deutsch-Italienischen Historikerkommission von 2012 sind verschiedene Projekte mit dem Ziel der Vertiefung der gemeinsamen Kriegsgeschichte ins Leben gerufen worden, die u.a. auch das Schicksal der deutschen Deserteure in Italien einschließen.

Sehenswürdigkeiten

01.
Bunker in Recoaro Terme
(Recoaro Terme, Venetien)
02.
Bunker in Borgo in Mozzano
(Borgo a Mozzano, Toskana)
03.
Villa Triglia
(San Polo d’Enza, Emilia-Romagna)
05.
06.
Historiale in Cassino
(Cassino, Latium)
08.
09.

 

Film- und Literaturtipps

Il suonatore matto

Buch

(Matteo Incerti, 2017)

Mehr erfahren

Associazione Linea gotica